Planung und Dokumentation einer Unterrichtshospitation

Um einen guten Unterricht an einer Schule zu gewährleisten, ist eine regelmässige Hospitation wichtig, um Rückschlüsse über die Qualität des Unterrichts zu ziehen und dementsprechendes Feedback geben zu können.

Cian Ehrismann

5/3/20238 min read

Die Durchführung der Hospitation hat zum Zweck, die Qualität des Unterrichts im Sinne der
Leitfragen zu sichern. Die Beantwortung der Leitfragen im ersten Teil stellt eine Reflexion über den
Qualitätsbegriff und das Ziel der Unterrichtshospitation an der Schule dar. Unter dem Licht der
Leitfragen erfolgt die Auswertung der Hospitation.
Die Beurteilung der Unterrichtspraxis an der Schule beruht auf dem EMU-Modell zur Beurteilung
einer Unterrichtsstunde. Das Modell erfasst die Unterrichtseinheit aus der Sicht des Lehrenden, des
Hospitierenden und der Schüler. So können diese drei Perspektiven zueinander in Zusammenhang
gebracht werden und es wird ein echtes Feedback über die Qualität des Unterrichts möglich.

Aspekte guten Unterrichts

Vor der Durchführung der Hospitation sollte sowohl dem Hospitierenden als auch der Lehrkraft
bekannt sein, unter welchen Aspekten guter Unterricht an der Schule beurteilt wird und welche
Erwartungen an der Schule an den Unterricht und die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften bestehen.

Relevante Aspekte für guten Unterricht

Die erste Frage lautet, welche Aspekte die Schulleitung als Kennzeichen für einen guten Unterricht
erachtet und warum. Zur Beantwortung dieser Frage werden die Grundsätze des EMU-Modells
herangezogen und auf die Schule angewendet. Für die Beantwortung der Frage ist ferner das primäre
und die sekundären Zielsetzungen entscheidend, die in der Schule für den Unterricht gelten. Diese
lauten wie folgt:
- Strukturierter, schrittweiser Aufbau der Unterrichtseinheiten
- Umsetzung des Unterrichtsplans und Vermittlung der Unterrichtsinhalte
- Individuelle Förderung von Schülern mit besonderen Schwächen
- Anregung und Förderung des Lernverhaltens – „learning to learn“
Dies sind die Aspekte, die guter Unterricht an der Schule erfüllen muss. Um die beabsichtigte Qualität
des Unterrichts zu sichern, muss die Methodik die folgenden Voraussetzungen erfüllen, die sich an
den Kriterien des EMU-Modells orientieren:
- Strukturiertheit: Ist der Aufbau der Stunde gut vorbereitet? Werden klare und verständliche
Anweisungen gegeben, welche Aufgaben auszuführen sind? Sind die Erklärungen
verständlich?
- Klassenführung: Sind alle notwendigen Materialien vorhanden? Gibt es klare Regeln und sind
diese den Kindern bekannt? Dazu gehören beispielsweise Unterrichtsbeginn, Melden,
Lautstärke, Benutzung von Hilfsmitteln.
- Aktivierung: Folgen die Schüler dem Ablauf des Unterrichts oder sind sie mit Ablenkungen
beschäftigt? Der Umstand, dass eine Evaluierung durchgeführt wird, kann dieses Ergebnis
verfälschen.
- Schwierigkeitsgrad: Ist der Schwierigkeitsgrad an das Niveau der Schüler angepasst? Erkennt
die Lehrkraft mögliche Unter- oder Überforderung und wie geht sie darauf ein?

Wie kann die Schulleitung die Aspekte guten Unterrichts beobachten und Rückmeldung
darüber geben?

Neben der Hospitation einer Unterrichtsstunde gibt es weitere Möglichkeiten, die Unterrichtsqualität
zu überprüfen und Feedback darüber zu geben. Eine Möglichkeit sind Fragebögen für Schüler und
Lehrer. Diese erfassen die oben genannten Aspekte aus deren Sicht. Ein Vergleich der Sichtweisen
von Schülern und Lehrern kann helfen, den Unterricht zu verbessern, zweckmässiger zu gestalten oder
besser an die Bedürfnisse der Schüler anzupassen.
Beispiel: Wenn die Lehrkraft die Frage, ob verständliche Erklärungen gegeben werden, positiv
beantwortet, die Schüler die Frage jedoch verneinen, besteht hier ein Verbesserungsbedarf von Seiten
des Lehrers oder der Lehrerin.

Weitere Nutzung der Erkenntnisse aus Unterrichtsbesuchen in Besprechungen für die weitere
Entwicklung

Die Besuche im Unterricht dienen nicht einfach der Kontrolle oder Bewertung des Unterrichts unter
den oben genannten Aspekten. Ein wichtiger Grund für die Unterrichtsbesuche ist es, der Lehrkraft
Rückmeldung zu geben und mit ihr anhand der Ergebnisse die weitere Gestaltung des Unterrichts zu
besprechen. Insbesondere den ausgewerteten Fragebögen kommt hier eine wichtige Rolle zu, vor
allem wenn Abweichungen zwischen der Selbstbewertung der Lehrkraft und den Beurteilungen der
Schüler/ und oder der Hospitation bestehen. Wichtig ist, dass in den Besprechungen die Erkenntnisse
konstruktiv und zukunftsweisend angesprochen werden. Die Besprechungen sollten strukturiert
erfolgen und nicht persönliche Meinungen wiederspiegeln, sondern das Bestreben aller beteiligten
sollte sein, den Unterrichtsablauf mit den Zielen der Schule in Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung
in Einklang zu bringen.

Planung der Hospitation

Bei der Planung der Hospitation sind verschiedene praktische und theoretische Überlegungen
erforderlich. Die praktischen Überlegungen beziehen sich auf die räumliche und zeitliche Gestaltung,
die theoretischen auf die Fachbereiche, das Alter der Schüler, die zu erwartenden Unterrichtsabläufe
und die entsprechende Anpassung der Fragebögen für Lehrkraft und Schüler, um eine Beurteilung
gemäß dem EMU-Modell durchzuführen.

Praktische Überlegungen

Die Hospitation sollte während des normalen Schulablaufs durchgeführt werden. Die Hospitation
sollte vorzugsweise in einer Phase, in der kein vermehrter Zeit- oder Leistungsdruck besteht und
Schüler und Lehrer bereits gut miteinander bekannt sind. Nicht durchgeführt werden sollte eine
Hospitation zum Beispiel kurz vor intensiven Prüfungsphasen oder direkt nach Schulbeginn nach den
Sommerferien. In diesen Phasen können sich Abläufe verändern oder noch nicht eingespielt haben
bzw. allen Schülern bekannt sein, sodass die Aussagen aus einer solchen hospitierten
Unterrichtsstunde von fraglichem Wert sind. Nur, wenn vergleichende Hospitation während des
gesamten Verlaufs des Schuljahres geplant sind, können solche Einheiten sinnvoll sein. Dies ist an
unserer Schule wegen des hohen Arbeitsaufwands im Vergleich zum Nutzen jedoch derzeit nicht
geplant, sondern es werden stichprobenartige Hospitationen nach Bedarf durchgeführt.

Ablauf der Hospitation und Nachbesprechung:

- Erstellung der Fragebögen anhand des EMU-Modells und unter Berücksichtigung der
nachfolgenden theoretischen Überlegungen.
- Terminierung der Hospitation in Absprache mit der Lehrkraft. Es empfiehlt sich, dieser drei
Termine zur Auswahl zu stellen, damit die Hospitation stattfinden kann, ohne die
Unterrichtsabläufe zu beeinträchtigen.
- Durchführung der Hospitation. Anfertigung von Notizen zu den nachstehenden theoretischen
Überlegungen und Fragen.
- Aushändigung der Fragebögen an Lehrkraft und Schüler.
- Auswertung der Fragebögen und Nachbesprechung.

Theoretische Überlegungen

Die theoretischen Überlegungen beziehen sich direkt auf die Erstellung der Fragebögen für die
Hospitation. Auch wenn das Grundgerüst jeweils einheitlich ist, müssen doch gewisse Aspekte
berücksichtigt werden wie das Alter und die Leistungsstufe der Kinder oder die Größe der Klasse.
Einige Faktoren wie der Geräuschpegel oder die Beteiligung am Unterricht kann je nach Klassengröße
stark variieren. Auch das Unterrichtsfach ist von Bedeutung, um die Art der erwarteten Beteiligung
der Schüler zu ermitteln.

Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu genutzt werden, die Unterrichtqualität zu verbessern, und
zwar sowohl auf Klassenebene als auch auf individueller Ebene.

Verbesserung des Unterrichts auf Klassenebene:
- Klassengröße
- Vorwissen und Alter
- Lernzeit für Hausaufgaben usw.
- Unterrichtsklima
- Kognitive Aktivierung

Verbesserung auf individueller Ebene:
- Motivation
- Verbesserung der Lernstrategien
- Verbesserung des Wissens und der Leistung

Entscheidend ist es, der Lehrkraft zu vermitteln, welche Anforderungen die Schule an guten Unterricht
stellt, inwieweit diese im Unterricht umgesetzt wurden und wo Verbesserungsmöglichkeiten bestehen.
Eine strukturierte Besprechung, die die Leistungserwartung anhand der festgelegten Kriterien
kommuniziert, hilft dabei, dass Kritik konstruktiv angenommen und umgesetzt wird. Die Beurteilung
hat sich immer an den Werten und Zielen der Schule zu orientieren. Die folgenden Merkmale für
guten Unterricht sollen durch die Hospitation gemessen werden:

A) Struktur: Inwieweit ist die Klassenführung effektiv, zielorientiert und verständlich?
B) Lernklima: Wird der gegenseitige Respekt gefördert? Gibt es Benachteiligungen oder
Bevorzugungen? Bestehen verlässliche Klassenregeln und werden Konflikte fair gelöst? Gibt
es Platz für Humor?
C) Leistung: Sind die Leistungserwartungen klar formuliert? Wird im Unterricht zielorientiert
gearbeitet?
D) Inhalt: Werden Inhalte klar und deutlich vermittelt? Orientieren sich die Inhalte am Lehrplan?
Werden Inhalte veranschaulicht? Gibt es regelmäßige Zusammenfassungen? Wie werden die
Ergebnisse gesichert? Wie hoch ist die fachliche Kompetenz der Lehrperson?
E) Intelligente Pädagogik: Orientiert sich die Art des Übens an pädagogischen Grundätzen, ruhig
und konzentriert zu arbeiten und oft, aber kurz zu üben? Ist die Lehrkraft für Fragen der
Schüler zugänglich? Werden Rückfragen gefördert?
F) Repertoire an Methoden: Ist der Unterricht genügend abwechslungsreich gestaltet und wird
zwischen lehrerzentriertem und offenem Unterricht abgewechselt? Kann der Verlauf des
Unterrichts variabel auf Bedürfnisse der Schüler angepasst werden? Kann die Lehrperson
verschiedene Lehr- und Arbeitsmethoden anwenden?
G) Rahmenbedingungen: Sind die Schüler aktiv am Unterricht beteiligt? Sind die Abläufe klar
strukturiert, herrscht Pünktlichkeit und wurde der Unterricht durch Lehrer und Schüler
sorgfältig vorbereitet?
An diesen Fragen orientiert sich die Erstellung der Fragebögen im nächsten Schritt.

Erstellung der Fragebögen

Im Vorfeld der Hospitation werden die Fragebögen für Schüler und Lehrkraft erstellt.
Für die Erstellung der Fragebögen für die Schüler werden die EMU-Fragebögen an die konkreten
Gegebenheiten angepasst. Die Einteilung entspricht dem EMU-Modell. In diesem Fall wird die
Hospitation in einer Mathematikstunde einer 8. Klasse geplant. Die Grundcharakteristika der Klasse
lauten wie folgt:
Anzahl der Schüler: 26
Jüngster Schüler: 14 Jahre
Ältester Schüler: 15 Jahre
Lehrkraft: Neue Lehrkraft, seit diesem Schuljahr an der Schule, weiblich, 27 Jahre alt.

Schülerfragebögen.

Klassenführung:
Frage 1: Ich konnte ungestört arbeiten.
Frage 2: Die Lehrerin hat den Unterricht sorgfältig vorbereitet und alle Materialien griffbereit.
Frage 3: Die Lautstärke war so, dass ich gut mitarbeiten konnte.
Frage 4: Ich habe die Regeln des Unterrichts eingehalten.

Lernklima:
Frage 1: In der Klasse herrscht ein freundliches Klima.
Frage 2: Bei Problemen konnten wir die Lehrerin ansprechen und sie hat uns geholfen.
Frage 3: Ich wurde in der Stunde gelobt.
Frage 4: Ich hatte genügend Zeit zum Überlegen.

Struktur
Frage 1: Die Lehrerin hat gut verständlich gesprochen.
Frage 2: Die Lehrerin hat so erklärt, dass ich die Aufgaben lösen konnte.
Frage 3: Ich wusste immer, was ich zu tun hatte.

Aktivierung:
Frage 1: Ich konnte etwas zu dem Thema sagen.
Frage 2: Ich musste bei mindestens einer Frage oder Aufgabe richtig nachdenken.
Frage 3: Ich war immer beschäftigt, ohne Wartezeit.

Zusammenfassung:
Frage 1: Ich habe in der Stunde etwas gelernt.
Frage 2: Ich habe die Inhalte der Stunde verstanden.
Frage 3: Die Stunde war interessant.

Fragebogen für die Lehrkraft

Klassenführung:
Frage 1: Die Kinder konnten ungestört arbeiten.
Frage 2: Ich habe den Unterricht sorgfältig vorbereitet und hatte alle Materialien griffbereit.
Frage 3: Die Lautstärke war so, dass die Schüler gut mitarbeiten konnten.
Frage 4: Die Kinder haben sich an die Regeln des Unterrichts gehalten.

Lernklima:
Frage 1: In der Klasse herrscht ein freundliches Klima.
Frage 2: Bei Problemen konnten die Kinder mich ansprechen und ich habe ihnen geholfen.
Frage 3: Ich habe in der Stunde genügend gelobt.
Frage 4: Die Schüler hatten genügend Zeit zum Überlegen.

Struktur
Frage 1: Ich habe gut verständlich gesprochen.
Frage 2: Ich habe so erklärt, dass die Kinder die Aufgaben lösen konnten.
Frage 3: Die Kinder wussten immer, was sie zu tun hatten.

Aktivierung:
Frage 1: Die Kinder konnten etwas zu dem Thema sagen.
Frage 2: Die Kinder mussten bei mindestens einer Frage oder Aufgabe richtig nachdenken.
Frage 3: Die Kinder waren immer beschäftigt, ohne Wartezeit.

Zusammenfassung:
Frage 1: Die Kinder haben in der Stunde etwas gelernt.
Frage 2: Die Kinder haben die Inhalte der Stunde verstanden.
Frage 3: Die Stunde war interessant für die Kinder
Frage 4: Ich bin individuell auf Lernschwierigkeiten der Kinder eingegangen und habe das
Unterrichtsangebot angepasst.
Frage 5: Ich habe die Stunde entsprechend dem Lehrplan gestaltet.

Fragebogen für die hospitierende Lehrkraft

Klassenführung:
Frage 1: Die Kinder konnten ungestört arbeiten.
Frage 2: Die Lehrkraft hat den Unterricht sorgfältig vorbereitet und hatte alle Materialien griffbereit.
Frage 3: Die Lautstärke war so, dass die Schüler gut mitarbeiten konnten.
Frage 4: Die Kinder haben sich an die Regeln des Unterrichts gehalten.

Lernklima:
Frage 1: In der Klasse herrscht ein freundliches Klima.
Frage 2: Bei Problemen konnten die Kinder die Lehrkraft ansprechen und ich habe ihnen geholfen.
Frage 3: Die Lehrkraft hat in der Stunde genügend gelobt.
Frage 4: Die Schüler hatten genügend Zeit zum Überlegen.

Struktur
Frage 1: Die Lehrkraft hat gut verständlich gesprochen.
Frage 2: Die Lehrkraft hat so erklärt, dass die Kinder die Aufgaben lösen konnten.
Frage 3: Die Kinder wussten immer, was sie zu tun hatten.

Aktivierung:
Frage 1: Die Kinder konnten etwas zu dem Thema sagen.
Frage 2: Die Kinder mussten bei mindestens einer Frage oder Aufgabe richtig nachdenken.
Frage 3: Die Kinder waren immer beschäftigt, ohne Wartezeit.

Zusammenfassung:
Frage 1: Die Kinder haben in der Stunde etwas gelernt.
Frage 2: Die Kinder haben die Inhalte der Stunde verstanden.
Frage 3: Die Stunde war interessant für die Kinder
Frage 4: Die Lehrkraft ist individuell auf Lernschwierigkeiten der Kinder eingegangen und hat das
Unterrichtsangebot angepasst.
Frage 5: Die Lehrkraft hat die Stunde entsprechend dem Lehrplan gestaltet.